"In einem Abkommen zwischen der Gebietsfuhrung 7 und den Landes-denkmalspflegern der Provinz Hannover und des Staates Oldenburg wurde vereinbart, dafi die Einheiten der Hitler-Jugend die Hunengrdber in ihre Obhut ubernehmen und in Zukunft die Verantwortung fur eine wurdige Instandhaltung tragen sollten. Die Instandsetzungsarbeiten, die bei den meisten Grdbern notwendig sind, werden gemeinsam mit den staatlich bestellten Denkmalspflegern, oft auch in Zusammenarbeit mit den Forst-behorden, vorgenommen.
... Die Ubertragung des Ehrenschutzes ist nun nicht einfach deshalb erfolgt, damit die HJ in Zukunft das Papier aufliest, das boswillige oder dumme Menschen an den Hunengrdbern hinterlassen. Diese Mafinahme schliefit gleichzeitig eine erzieherische Absicht ein, die kennzeichnend fur die Erziehungsgedanken der Hitler-Jugend uberhaupt ist. Das Wesentliche an der nationalsozialistischen Jugenderziehung in der HJ ist der Begriff der Selbstverantwortung, die der jungen Generation mit ihrer Selbstfuhrung zuerkannt ist. Die Erziehung, die sich ausschliefilich auf den erhobenen Zeigefinger beschrdnkt, hat versagt. Das bedeutet auf dem Gebiet des Heimatschutzes, dafi es nicht damit getan ist, an den zu schutzenden Objekten Tafeln aufzustellen mit der Inschrift "Es ist verboten" und "Zuwiderhandelnde werden bestraft".
Stattdessen sagen wir unseren Jungen und Mddeln:
"Dies sollen in Zukunft eure Stdtten sein. Fur ihren Zustand sollt ihr nun verantwortlich sein. Euch wird das Vertrauen geschenkt, dafi ihr sie in Ordnung halten werdet, und dieses Vertrauen sollt ihr nun rechtfertigen."
Statt mit der Angst der Menschen zu rechnen, rufen wir ihr Ehrgefuhl an. Wir durfen sicher sein, dafi sich dadurch mehr und Besseres erreichen ldfit, als durch ein blofies Verbot. Jeder, der voll in seinem Fdhnlein, seiner Gefolgschaft oder Gruppe steht, wird es nun als seine Ehrenpflicht betrachten, das dieser Einheit zugewiesene Denkmal in einem wurdigen Stand zu halten; er wird sich in Zukunft nicht nur auf Kommando bucken, um ein Stuck Papier aufzuheben, sondern aus freiem Willen. Nicht von heute auf morgen, wohl aber innerhalb der ndchsten Jahre soll somit in unseren Menschen ein neues Verhdltnis zu den Gedenkstdtten der Heimat wachsen, denen sie gegenubertreten werden als den wertvollsten und ehrfurchtgebietenden Besitztumern des ganzen Volkes. Denn die Pflege der vorgeschichtlichen Denkmdler wird sich, so hoffen wir, auf alle schutzens-werten Denkmdler der Heimat ubertragen. Die nationalsozialistische Jugend soll den Einsatz fur den Gedanken der Heimat und des Heimat-schutzes als ihre ureigenste Ehrenpflicht betrachten." (Aus: "Nieder-
Sachsen", Monatsschrift fur Kultur und Heimatpflege, Sonderdruck Heft 9/38)
Die Selbstfuhrung der Jugend zeigte sich deutlich in der Ent-wicklung eines eigenen Disziplinarrechts.
In der Kampfzeit, (also bis 1933) galten fur die Einhaltung der Ordnung zunachst die politischen ZweckmaBigkeiten. Der politische Kampf bestimmte das Gesetz des Handelns auch in der Hitler-Jugend. Nach Grundung der HJ am 4.7.1926 gab es fur sie noch keine gesetzliche Grundlage. Nach Eintragung ins Vereinsregister in Plauen am 31.5.1929 unter der Bezeichung "Hitler-Jugend-Bewegung" wurde das Vereinsgesetz allgemein gultig und besonders die Satzung der Hitler-Jugend-Bewegung. Durch diese Eintragung ins Vereinsregister wurde bestatigt, was in den "Richtlinien uber das Verhaltnis zwischen NSDAP und Hitler-Jugend" am 5.12.1926 im Punkt 1 bestimmt worden war:
"Die Hitler-Jugend ist in juristischem und vereinsrechtlichem Sinne eine eigenstandige Korperschaft."
Durch Satzungsanderung am 7.3.1932 naherte man sich bezug-lich der AusschluBmoglichkeiten mehr dem Fuhrerprinzip (Der 1. und 2. Vorsitzende des Vereins und die Fuhrer bis zum Gefolg-schaftsfuhrer konnten renetente Mitglieder ausschlieBen).
Nach 1933 bestatigte das "Gesetz zur Sicherung von Partei und Staat" vom 1.12.1933 den Status der Hitler-Jugend als selbstandige Korperschaft. Nach der Durchfuhrungsverordnung zu diesem Gesetz wurde der Verein im Vereinsregister geloscht. Seitdem wird nicht mehr von Mitgliedern, sondern von Angehorigen der HJ gesprochen. Auch die Unterstellung unter die SA wurde offiziell hinfallig, sie war schon vorher praktisch unwirksam geworden. Die HJ war eine selbstandige Gliederung der NSDAP. Aus dieser Stellung ergab sich die Notwendigkeit der Entwicklung einer eigenen Disziplinar-
Ordnung fur die Hitler-Jugend, die am 8.10.1936 ihre erste Fassung erhielt.
Wahrend des Krieges zwangen die besonderen Verhaltnisse (Ein-ziehung vieler Vater, Lehrer und Lehrherren, Einziehung fast aller HJ-Fuhrer, die Moglichkeit der Anwendung der Jugenddienstpflicht in kriegsbedingten Fallen usw.) zur Erganzung der Disziplinar-ordnung der Hitler-Jugend und zur Ubertragung der Disziplinar-gewalt auf " Sonderbeauftragte der Reichsjugendfuhrung". Diese wurden zuruckgenommen, nachdem am 2.4.1940 eine "Disziplinar-strafordnung der Hitler-Jugend" erlassen worden war und der Vollzug eines Jugendarrestes am 1.2.1942 der Justiz zustand. 1941 kamen schon einige durch Verwundung kriegsuntuchtig gewordene HJ-Fuhrer in die Heimat und damit in Dienststellungen der Hitler-Jugend zuruck. Die Disziplinargewalt wurde den Fuhrern der Gebiete ubertragen. Am 13.3.1943 ubernahmen die Abteilungsleiter der HJ-Gerichte beim Gebiet die Disziplinargewalt. Die Disziplinar-ordnung vom 20.1.1939 war nicht aufgehoben worden und sollte nach dem Kriege durch die Hitler-Jugend weiterentwickelt werden.
Nach der Disziplinarordnung wurde jedes Verhalten geahndet, das gegen Zucht und Ordnung in der HJ verstieB, oder die Ehre der Hitler-Jugend, ihr offentliches Ansehen oder die Kameradschaft in der HJ verletzte oder gefahrdete.
Pflichtverletzungen konnten sein:
1. strafbare Handlungen von Angehorigen der Hitler-Jugend
2. entsprechende Handlungen von strafunmundigen 10 - 14jahrigen Angehorigen der Hitler-Jugend
3. disziplinwidrige Handlungen oder haltungsmaBige Verfehlungen von Angehorigen der Hitler-Jugend, die keine strafbaren Hand-lungen waren.
Voraussetzung fur eine disziplinare Ahndung war u. a., daB der Beschuldigte das BewuBtsein der Pflichtwidrigkeit hatte. Die Er-scheinungen der Entwicklungs - und Reifejahre, namentlich der Pubertat, muBten berucksichtigt werden. Das BewuBtsein der Pflichtwidrigkeit wurde nicht angenommen bei Dummenjungen-streichen und jugendlichem Schabernack. Jugendlicher Ubermut sollte nicht erstickt, Musterknaben sollten nicht gezuchtet werden. Bei Fehlverhalten sollte gefragt werden, ob die Aufrechterhaltung von Zucht und Ordnung in der Gemeinschaft ein disziplinares Einschreiten erforderte, oder ob mundliche Erziehungsmittel ge-nugen wurden. Es sollte gefragt werden, ob die Personlichkeit des Beschuldigten ein Einschreiten erforderte. Hierbei sollte die Gesamt-haltung, im Dienst und auBerhalb des Dienstes, nach allen Seiten gewertet werden. Bei diesem Ermessensgrundsatz gab es keine Antragsdelikte wie bei den Gerichten des Staates. Die Verletzung der Gemeinschaftsinteressen der Jugend-Bewegung loste disziplinare MaBnahmen "von Amts wegen" aus. Im Disziplinarrecht der Hitler-Jugend waren in der Hauptsache Erziehungsmittel anzuwenden. Unzulassig waren Anordnungen von Arbeiten, die die Gesundheit eines Jugendlichen gefahrden konnten, korperliche Zuchtigung, unnotige Herabsetzung der Wurde in den Augen anderer oder Verletzung des Ehrgefuhls, Strafexerzieren, Nahrungsentzug, Geld-buBen.
"Nicht die Furcht vor der Strafe, sondern die Einsicht in das Straf-wurdige einer Verfehlung und das Verantwortungsbewufitsein gegenuber der Gemeinschaft sollen den Jugendlichen zu einem einwandfreien Leben bestimmen." 14 )
Die unbedingte Wahrheitspflicht war besonders charakteristisch fur das Disziplinarverfahren der Hitler-Jugend. Strafverscharfend wirkte besonders die Verfehlung eines HJ-Fuhrers, zusatzlich der MiBbrauch und die Ausnutzung einer Vertrauensstellung und der gegebenen Machtmittel. Die Fuhrer hatten hohere Pflichten als einfache Hitler-Jugend - Angehorige.
Adolf Hitler sagte am 13.7.1943:
......"Ich habe daher auch stets gefordert, dafi an das Benehmen und das
Auftreten nationalsozialistischer Fuhrer hohere Anforderungen gestellt werden als bei ubrigen Volksgenossen. Wer selbst hohere Achtung wunscht, mufi dieser Forderung durch hohere Leistung entsprechen."
Wenn auch das Ermessensprinzip im Disziplinarrecht der Hitler-Jugend bevorzugt wurde, so waren doch Richtlinien daruber gegeben worden, welche Einheitsfuhrer in welchem Bereich welche Disziplinarmittel anwenden konnten.
Gruppe I :
1. Verwarnung
2. Verweis Gruppe II :
3. Beforderungssperre bis zu 3 Jahren
4. Aberkennung der Dienststellung
5. Herabsetzung des Dienstgrades Gruppe III :
6. Aberkennung der Fahigkeit zum Jugendfuhrer
7. Jugenddienstarrest bis zu 10 Tagen
8. Ausscheiden aus der HJ bis zu 3 Jahren
9. Ausscheiden aus Dauer
10. AusschluB
Die kleine Disziplinargewalt (Gruppe I) stand den Fuhrern der Gefolgschaften und Stamme und den entsprechenden Fuhrern und Fuhrerinnen des Jungvolks und des BDM zu. Die mittlere Diszipli-nargewalt (Gruppen I u. II) ubten die Fuhrer und Fuhrerinnen der Banne aus. Die groBe Disziplinargewalt stand den Fuhrern und Fuhrerinnen der Gebiete und den HJ-Richtern zu.
Dieser Ordnung waren 4 Dienststellungs - bzw. Dienstrang-gruppen in der Hitler-Jugend angepaBt:
Gemeinschaft:
Jungen und Madel ohne Dienstrang bis Oberrotten - oder Ober-hordenfuhrer Fuhrerschaft:
Kameradschafts - bis Oberscharfuhrer bzw. Jungenschaftsfuhrer bis Fahnleinfuhrer Fuhrerinnenschaft:
Madelschafts - und Madelscharfuhrerin, bzw. bis Jungmadel-gruppenfuhrerin Fuhrerkorps:
Gefolgschaftsfuhrer, Stammfuhrer bis Bannfuhrer, Madelringfuh-rerin und Bannmadelfuhrerin bzw. Jungmadelringfuhrerin Hoheres Fuhrerkorps:
Oberbannfuhrer, Hauptbannfuhrer, Gebietsfuhrer, Obergebiets-fuhrer und Stabsfuhrer Hoherer Fuhrerinnenring:
Hauptmadelfuhrerin, Gebietsmadelfuhrerin.
Die volle Disziplinargewalt stand dem Reichsjugendfuhrer und der BDM-Reichsreferentin zu. Der Reichsjugendfuhrer konnte durch den Stabsfuhrer vertreten werden.
Fur das Disziplinarrecht der Hitler-Jugend gab es keine Ver-gleichsmoglichkeiten. Die HJ war die einzige Jugendorganisation der Welt mit eigenem Disziplinarrecht. Das Strafrecht des Staates wurde dadurch nicht beruhrt, aber die Hitler-Jugend hatte das Recht, beim Jugendstrafrecht des Staates zur Zusammenarbeit mit der Staats-anwaltschaft und den Gerichten bei Delikten Jugendlicher zuge-zogen zu werden. (Siehe auch: Rechtspolitische Arbeit Seite 206)
Die Selbstfuhrung der Hitler-Jugend wurde weder von der Partei noch vom Staat angetastet.
Durch das "Gesetz uber die Hitler-Jugend vom 1. Dezember 193 6 15) erhielt die Hitler-Jugend neben Elternhaus und Schule einen Erziehungsauftrag fur die gesamte deutsche Jugend. Dieser Auftrag wurde dem "Reichsjugendfuhrer der NSDAP" gegeben. Die erste und die zweite Durchfuhrungsverordnung vom 25. Marz 1939 erganzten das Gesetz.16) War dadurch die Hitler-Jugend Jugend-bewegung geblieben oder war sie Staatsjugend geworden? Diese Frage klarte der HJ-Stammfuhrer und Landgerichtsrat Edgar Randel in einer Sonderveroffentlichung des amtlichen Organs des Jugend-fuhrers des Deutschen Reiches "Das junge Deutschland", Titel: "Die Jugenddienstpflicht" (1943). Er fuhrt aus (S. 48 f):
"Die Hitler-Jugend war als Erlebnis der deutschen Jugend in der Kampfzeit geboren. Sie war eine echte Jugendbewegung, die als Teil der NSDAP ohne eigene Rechtspersonlichkeit anerkannt wurde. Die Partei ist die Trdgerin des deutschen Staatsgedankens. Die Hitler-Jugend als Gliede-rung der Partei und als Jugendbewegung ist damit Trdgerin des Gedankens der politischen Jugendbewegung und als solche in die politischen Aufgaben der Partei eingeschaltet. Als das Gesetz uber die Hitler-Jugend erlassen wurde, konnte es nur an diese Hitler-Jugend anknupfen. Diese Jugendbewegung (nicht also Organisation!) wurde nunmehr ausersehen, die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen, indem sie ihr das Erlebnis der Jugendbewegung auch kunftighin vermittelt. Die Hitler-Jugend (als Gliede-rung) ist also der gebende, die deutsche Jugend der nehmende Teil.
Wenn § 1 der zweiten Durchfuhrungsverordnung (Jugenddienstverord-
Nung) nunmehr bestimmt, dafi alle Jugendlichen von 10 bis 18 Jahren verpflichtet sind, in der Hitler-Jugend Dienst zu tun, so kann dies nur heifien, dafi sie in dieser Jugendbewegung Dienst tun sollen, d. h. die Gemeinschaft der Jugend erleben sollen. Die Erfullung der sich hieraus
Ergebenden Gemeinschaftspflichten ist der Ehrendienst, von dem § 1 Abs. 1 der Jugenddienstordnung spricht und der in der Gliederung der Hitler-Jugend zu erfullen ist.
Die §§ l, 2 des Hitler-Jugend-Gesetzes, die §§ 1, 8 der Jugenddienst-verordnung besagen nichts uber eine "Mitgliedschaft" in der Hitler-Jugend, d. h. also sie bestimmen nicht, dafi jeder Jugendliche Mitglied der Hitler-Jugend sein mufi und soll, sondern nur, dafi die Jugendlichen "in" der Hitler-Jugend zusammengefafit, in ihr zu erziehen und verpflichtet sind, "in" ihr "Dienst zu tun".
Daraus folgt klar, daB die Hitler-Jugend weiterhin eine reine Gliederung der NSDAP und damit eine Jugendbewegung geblieben, aber nicht Staatsorganisation geworden ist.
Sie ist deshalb keine Staatsjugend wie z. B. die faschistische G. I.L. Fur eine Staatsjugend ist wesentlich, daB sie eine Staatsorganisation ist, d. h. durch den Staat gegrundet und vom Staat geleitet wird. Hier ist der Staat der gebende und die Jugend der nehmende Teil. Die Leiter der Staatsjugend sind demzufolge nicht aus der Gemeinschaft hervorgegangen und von ihr anerkannte Fuhrer der Jugend, sondern fur die Jugend Obrigkeitsorgane. Wenn § 2 Abs. 5 der 1. Durchfuhrungsordnung anzudeuten scheint, als gebe es eine Hitler-Jugend als besondere Gliederung der Partei und eine Hitler-Jugend als besondere Staatsorganisation (die sich aus denen zusammensetzt, die nicht der Stamm-Hitler-Jugend angehoren), so ergibt eine nahere Untersuchung also, daB dies nicht der Fall ist. Die verschiedenen Bedeutungen des Oberbegriffs "Hitler-Jugend" be-zeichnen nur die verschiedenen Stellungen der Hitler-Jugend, nicht
Aber zwei verschiedene Organisationen..... Es gibt nach dem Gesetz
Eine Bewegung und Organisation der Hitler-Jugend. Die Hitler-Jugend ist die Gemeinschaft der gesamten deutschen Jugend, die sich gegenseitig erzieht und in der die eigentlichen Mitglieder der (Stamm)-Hitler-Jugend dazu berufen sind, den ubrigen Jugendlichen das Erlebnis der Jugendbewegung zu vermitteln.
Wenn das Gesetz auch keine Trennung in besondere Einheiten der Stamm-Hitler-Jugend und der ubrigen Dienstpflichten vor-schreibt, so kann sich doch aus der praktischen Durchfuhrung des Erziehungsauftrages eine organisatorische Unterteilung als not-wendig erweisen.
"Die Bestimmungen uber die Aufnahme in die Stamm-Hitler-Jugend sind noch nicht erlassen. Einige Voraussetzungen hat das Gesetz in § 2 der 1. Durchfuhrungsverordnung bereits aufgestellt."
"§ 2 der 2. Durchfuhrungsverordnung zum Gesetz uber die Hitler-Jugend besagt, dafi alle Jungen und Model der Hitler-Jugend einer offentlichen Erziehungsgewalt unterstehen nach Mafigabe der Bestimmungen, die der Fuhrer und Reichskanzler erlafit."
Diese Bestimmungen sind nicht erlassen worden. So beruht die Erziehungsgewalt der Hitler-Jugend weiterhin auf den sittlichen Gesetzen der Jugendbewegung. Die Normen der Ordnung fur das Gemeinschaftsleben beruhten bis zuletzt auf dem Erziehungsgrund-satz der Hitler-Jugend "Jugend soll von Jugend erzogen werden."
Gegen den Status der Hitler-Jugend als Staatsjugend spricht auch die Finanzierung des Erziehungsauftrages. § 1 Abs. 3 der 1.
Durchfuhrungsverordnung besagt, dafi die HJ der Finanzhoheit der NSDAP untersteht. Kosten, die durch Anordnungen der Fuhrungs-organe der Hitler-Jugend entstanden, waren Kosten der Partei, nicht des Staates. Kosten, die durch Anordnungen des Jugendfuhrers des Deutschen Reiches entstanden, waren nicht Kosten der Hitler-Jugend, uber nachgeordnete Dienststellen des Jugendfuhrers des Deutschen Reiches wurde am 11. November 193 9 bestimmt:17)
"Der Begriff Dienst unterliegt erheblichen Wandlungen. In einer Zeit, in der Leistung abgebaut werden soll, hat der Begriff Dienst einen anderen Stellenwert als in einer Zeit, wo Leistung adelt. Der Dienst in der HJ wurde als Ehrendienst am deutschen Volke empfunden. In der Kampfzeit kannte die Jugend nur Pflichten im Einsatz — freiwillig — fur Volk und Vaterland. Aus dem Erlebnis der Gemeinschaft der Jugendbewegung entstand der Dienst. In der Kriegszeit ubernahm die gesamte deutsche Jugend freiwillig Dienst an der Volksgemeinschaft in so grofier Zahl, dafi ein Gesetz nicht oder sehr selten nachzuhelfen brauchte. Ihre Opferbereit-schaft und Pflichtauffassung empfand die deutsche Jugend als ihren Dienst fur Deutschland. Deshalb konnte auch das Gesetz den Begriff Dienst aufnehmen."
Nach dem Gesetz uber die Hitler-Jugend sollte die gesamte deutsche Jugend korperlich, geistig und sittlich durch die Jugend selbst erzogen werden. Die Aufgabe war dem Reichsjugendfuhrer, also der Hitler-Jugend gestellt. Wo lag nun die Aufgabe des Jugendfuhrers des Deutschen Reiches und seiner nachgeordneten Dienst-stellen? Das laBt sich nicht in einzelnen Aufgaben aufstellen. Edgar Randel gibt Beispiele der Forderungsaufgaben durch den Staat (S.40):
A) Korperliche Erziehung (Lehrgange, Fahrten, Lager, Erholungs-pflege, Gesundheitsforderung usw.)
B) geistige Erziehung (Jugendbuchereien, Lesestatten, Film-Arbeit, Freizeitgestaltung, Fuhrungen und ahnliches)
C) sittliche Erziehung (Bekampfung der allgemeinen, besonders sexuellen Gefahrdung der Jugend usw.)
D) Beschaffung von Einrichtungen (Hitler-Jugend-Heime, Land-dienstheime, Jugendherbergen, Kampf - und Ubungsstatten)
Diese staatlichen ForderungsmaBnahmen waren nicht mit den Forderungsaufgaben der Gemeinden zu verwechseln. Angelegenheit der Gemeinden war es, auf den oben bezeichneten Gebieten mit ihren sachlichen und geldlichen Mitteln bei der Durchfuhrung ihrer Aufgaben die Hitler-Jugend zu unterstutzen. Die nachgeordneten staatlichen Dienststellen hatten dagegen die Aufgabe, von den ihnen zustehenden obrigkeitlichen Rechten im Interesse der Hitler-Jugend Gebrauch zu machen, wo dies erforderlich oder zweckmaBig war.
Die Zusammenarbeit der Fuhrungsdienststellen der HJ und der staatlichen Dienststellen ging nicht uber Berlin, sondern wurde auf allen Ebenen gepflegt, wo sich Belange der Jugend auftaten. Das war fruher bei der Vielzahl der Jugendgruppen schwieriger. Wenn die Hitler-Jugend zur Durchfuhrung ihres Dienstes der Unterstutzung der staatlichen nachgeordneten Dienststellen bedurfte, wurden diese Aufgaben evtl. als Pflichtdienst bezeichnet: meistens aber wurde ohne diese auf das Gesetz bezogene Moglichkeit eine Einigung erzielt.
Ein GroBteil der HJ-Fuhrerschaft hat die Betreuung der Unfrei-willigen, die nur eine Minderheit waren, als Belastung empfunden, weil durch sie leicht die fur die Jugend typische Lebendigkeit und Kameradschaft negativ beeintrachtigt werden konnte. Da durch dieses Gesetz die gesamte Jugend vor allem korperlich grundschul-maBig ertuchtigt werden sollte, wurden in der praktischen Jugend-arbeit besonders die 600 zustandigen Bannstellenleiter und Sport-lehrer betroffen. Sie muBten deshalb noch sorgfaltiger ausgewahlt und vorbereitet werden. Dasselbe galt fur die entsprechenden Sport-wartinnen im BDM.
Obergebietsfuhrer Luhr Hogrefe, 1942 gefallen, nahm wie folgt Stellung:
"Die Kronung des zehnjahrigen Aufbauwerkes der HJ ist das Reichs-gesetz uber die HJ vom 1. Dezember 1936. So stehen wir am Ende des
Flink, zah, hart!
Leistungssport der Fuhrer
Pimpfe
Reichsjugendfuhrer, Eltem, Marine-HJ
Reiter-HJ
Segelflug
Modellflug
Marine-HJ vorm Schulschiff
Jahres 1936 zugleich am Abschlufi eines grofien Abschnittes im Aufbau unserer Jugendorganisation. Eine Viertelmillion Jungen und Madel haben sich im Verlauf des beendeten Abschnittes im Gebiet und Obergau 7 auf der Grundlage der Freiwilligkeit zur HJ bekannt. Wir wollen nicht nachlassen in unserem Ringen und nicht denken, mit dem Gesetz sei unsere Aufgabe erfullt. Wir stehen immer noch am Anfang unseres Werkes. Wollen wir es weiterfuhren, so bedarf es aller Kraft und Zahigkeit des letzten Fuhrers und der letzten Fuhrerin in allen Einheiten. Eure ganze
Liebe, euer tiefer Glaube, der kuhne Mut unseres ganzen Fuhrerkorps
Mussen eingesetzt werden, wenn das neue Jahr und damit der zweite grofie Abschnitt erfolgreich sein sollen." (Quel. Verz. Nr. 8)
Obergebietsfuhrer Dr. Helmut Stellrecht schrieb in "Wille und Macht" 24/1936:
"Es war eine gluckliche Stunde, die der HJ das Gesetz gab. Aber
Es war auch ihr Verdienst, dafi die deutsche Jugend in der Hitler-Jugend
Schon die Form gewonnen hatte, um die grofie Aufgabe zu meistern. Denn nicht ein Reichsgesetz kann eine Jugendbewegung schaffen, aber eine Jugendbewegung kann durch ein Gesetz die Anerkennung des Reiches erhalten und damit die Moglichkeit, im grofiten Rahmen zu wirken. Der Sinn des Gesetzes ist, dafi es nicht Sicherheit fur die Organisation gibt, sondern die aufierste Moglichkeit des Durchsetzens einer Bewegung. Wer von der Idee der Jugendbewegung erfafit ist, der ordnet sich dann aus eigener Verpflichtung ein, und die Treue ist ihm eine Selbstverstandlich-keit, weil er sich selbst nicht untreu werden kann... "
Die Hitler-Jugend stand schon 1934 vor der Aufgabe und der Verantwortung, sich mit anderen Institutionen, die an der Erziehung der Jugend beteiligt waren, so abzustimmen, dab keine zeitlichen Uberschneidungen bei der Erfullung der abgesteckten Aufgaben-gebiete stattfanden. Schon am 7. Juni 1934 wurde fur die HJ der "Staatsjugendtag" konzipiert.
Der Sonnabend sollte der Tag fur den Dienst in der HJ sein. Auberdem galt der Mittwochabend jeder Woche als Heimabend der HJ. Der Sonntag und andere Wochentage standen fur andere Auf-gaben zur Verfugung, die besonders von den Kirchen und den Vereinen fur Leibesubungen durchgefuhrt wurden. Wenn Jungen und Madel an Sonntagen HJ-Dienst machten (Zeltlager, Fahrt, Fuhrer-schulung usw.), dann mubte ihnen Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes gegeben werden. Die Vereine fur Leibesubungen betreuten den Leistungssport fur die 14 - 18jahrigen Jugendlichen. Die HJ-Fuhrer waren gehalten, korperlich begabte Jugendliche den
Entsprechenden Vereinen zuzufuhren.
Der Staatsjugendtag (schulfreier Sonnabend) stellte die HJ vor eine sehr schwer zu losende Aufgabe. Zunachst betraf er eben nur die Schuler. Er hatte auf die beruflich tatige Jugend ausgedehnt werden mussen. Dann ergab sich das Problem der Freistellung der ehrenamtlich tatigen HJ-Fuhrer fur den Staatsjugendtag. In der HJ-Fuhrerschaft wurde gemunkelt, der Reichskultusminister habe bei der Vereinbarung mit dem Jugendfuhrer des Deutschen Reiches uber den Staatsjugendtag den Hintergedanken gehabt, die HJ an der Aufgabe scheitern zu sehen.
In der Vereinbarung heiBt es u. a.:
2. Fur die Erziehungsarbeit der Reichsjugendfiihrung (HJ-Bewe-gung) wird den ihr unterstellten Schulern der Sonnabend als schulfreier Tag eingeraumt — (Staatsjugendtag) —. Daneben steht der Reichsjugendfiihrung (HJ-Bewegung) der Mittwochabend als Heimabend zur Verfugung. Fur die der Reichsjugendfuhrung unterstehenden Schuler fallen die bisherigen Sportnachmittage weg.
3. Fur alle ubrigen Schuler findet am Sonnabend Unterricht wie ublich statt. Der aufgabenfreie Sportnachmittag fur diese Schuler wird auf den Sonnabendnachmittag verlegt.
5. Fur die beruflich tatige, der Reichsjugendfuhrung unterstehende Jugend wird bis zum vollendeten 18. Lebensjahr die gleiche Regelung angestrebt......."
Der Staatsjugendtag war ein Versuch, der sich fur die Abgrenzung der Arbeitsgebiete der Schule und des Jungvolks in der HJ als ungeeignet erwies. AuBerdem hatte er die Freiwilligkeit als Prinzip der HJ de facto gefahrden konnen. Deshalb wurde die vorherige Regelung zwischen Schule und Jungvolk wieder hergestellt.
Uber das Problem "Staatsjugend" in anderen europaischen Staaten siehe unter:
Auslandische Jugend
Die Hitler-Jugend einte die deutsche Jugend uber Stande und Konfessionen hinweg. Die Jugend fuhrte sich selber. Ihre Tatigkeit und ihr Gemeinschaftsleben entwickelten sich aus dem naturlichem Empfinden der jungen Menschen heraus. Der erzieherische Auftrag der HJ nach dem Reichsgesetz uber die Hitler-Jugend entsprach dem, was die Jugend sich selbst in zehnjahriger Aufbauarbeit als Ziel gesetzt hatte, namlich:
"Die gesamte deutsche Jugend ist aufier in Elternhaus und Schule in der Hitler-Jugend korperlich, geistig und sittlich zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen."
Wir zitieren zu den erzieherischen Grundsatzen fur die Jugend: Adolf Hitler:
"In den Herzen der Jugend wird nicht mehr Platz sein fur die Vorteile, den Eigendunkel und die Uberheblichkeit einzelner Volksschichten ver-gangener Generationen: denn sie lebt miteinander, marschiert zusammen, singt gemeinsam die Lieder der Bewegung und des Vaterlandes, und glaubt an Deutschland, das ihnen allein gehort.
Die Jugend hat ihren Staat fur sich; sie steht dem Erwachsenen in einer gewissen geschlossenen Solidaritat gegenuber, und dies ist selbstver-standlich. Die Bindung des Zehnjahrigen zu seinen gleichaltrigen Gefahrten ist eine naturliche und grofiere als die zu den Erwachsenen.
Was ihr in eurer Jugend dem Vaterland gebt, wird euch im Alter wieder zuruckerstattet. Ihr werdet ein gesundes Geschlecht sein, nicht erstickt in Buros und Fabrikraumen, sondern erzogen in Sonne und Luft, gestahlt durch Bewegung, und vor allem gehartet in eurem Charakter.
Was wir von unserer deutschen Jugend wunschen, ist etwas anderes, als es die Vergangenheit gewunscht hat. In unseren Augen, da mufi der deutsche Junge der Zukunft schlank und rank sein, flink wie ein Wind-hund, zah wie Leder, hart wie Kruppstahl." (Quel. Verz. Nr. 28)