Zu der Frage, wer die Fuhrung der Jugend ubernehmen sollte, nahm Baldur von Schirach auf dem GrundungskongreB der Euro-paischen Jugendverbande in Wien am 14. September 1942 Stellung. Er sagte:
"Ich unterscheide zwei Hauptformen der Jugendfuhrung: Die bereit-gestellte und die eigenstandige Jugendfuhrung. Bei der ersten ordnet der Staat Offiziere, Lehrer usw. aus anderen Erziehungsgemeinschaften ab und beauftragt sie mit der Fuhrung der Jugend. Bei der eigenstandigen Fuhrung gibt der Staat der Jugend den Auftrag, aus sich heraus ein Fuhrerkorps zu bilden. (Die HJ vertritt den Standpunkt: Jugend mufi von Jugend gefuhrt werden.) So konnten sich innerhalb aller Einheiten unserer Jugend-bewegung die zur Fuhrung befahigten Jugendlichen selbst durchsetzen. Vor der Front ihrer Kameraden mussen sich die Hitler-Jugendfuhrer schon in sehr jungen Jahren kraft ihrer naturlichen Autoritat behaupten. Der Aufgabenkreis ist der Altersstufe der jungen Fuhrer angemessen, jeder junge Fuhrer tragt seine Verantwortung und ich glaube, dafi die Uber-tragung dieser Verantwortung in ihrer erzieherischen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschatzt werden kann. Ein solches System ist ganz auf Vertrauen gegrundet. Auch der jungste Fuhrer unserer Einheiten fuhlt sich durch dieses Vertrauen getragen, das ihn verpflichtet und befahigt, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfullen. Die Selbstfuhrung der Jugend ist langst kein Experiment mehr. Sie ist die Grundlage der deutschen Natio-nalerziehung und es wird fur diesen Kreis von Inter esse sein zu wissen, dafi die Gedanken nicht auf die Hitler-Jugend als Staatsjugend allein beschrankt geblieben sind, sondern auch innerhalb der Schulerziehung mit grofitem Erfolg angewendet wurden."
"Immer verzeichnet die eilende Zeit das Bild des Gewollten. (Baldur v. Schirach)
Der Grundsatz der Hitler-Jugend: Jugend muB von Jugend
Gefuhrt werden, sollte nicht nach seinem Buchstaben, sondern nach seinem Geist verstanden werden. "Alles Schematische totet ab"! Jugendbewegung und Selbstfuhrung der Jugend sind untrennbar. Der Zweck der Selbstfuhrung ist nicht, dem jungen Menschen eine Moglichkeit zur Befriedigung irgendwelcher Machtinstinkte zu geben oder im Ubereifer rucksichtslos zu werden. Im Gegenteil: Jugend-fuhrung heiBt, gegen sich selbst harter zu sein als gegen die Gefolgschaft.
Baldur v. Schirach:
"Fuhrer im wahrhaften Sinne ist immer der Gestaltende, der Zucht-volle. "
Der junge Fuhrer wurde auch in der HJ mit der Ubertragung der Verantwortung, nicht etwa automatisch eine Idealgestalt im edelsten AusmaB. Er war selbst Gefuhrter, und die Kameraden uber ihm trugen auch ihrerseits Verantwortung fur sein Werden und seinen Weg, wie er wiederum fur Werden der ihm anvertrauten Jungen oder in der Madelfuhrung der anvertrauten Madel verantwortlich war. Das Prinzip der Selbstfuhrung setzte eine stetig fortlaufende Fuhrer-schulung voraus, die alle Jugendfuhrer in bestimmten Zeitabschnit-ten in meist mehrwochigen Lehrgangen absolvieren muBten. Neben dem Rustzeug fur die praktische Jugendarbeit sollten sie die Er-kenntnis mitnehmen, daB sie nicht selbstherrliche Kommandeure ihres kleinen oder groBeren Bezirkes waren, sondern Teile eines groBen Ganzen, dem sie sich sinnvoll einzuordnen hatten. Immer wieder muBte darum die Gemeinschaft der Fuhrer die Moglichkeit haben, sich von Zeit zu Zeit die Hande zu reichen: muBte der Fuhrer von der Nordseekuste den Fuhrer aus dem Bergland sprechen, die Jugend des Ostens sich wenigstens in ihrer Fuhrerschaft mit der des Westens begegnen. Und alle empfanden sich als eine Gemeinschaft.
Dem Jungen oder Madel wurde der Weg zur Fuhrung nicht leicht gemacht. Der Schlussel zum Tor der Fuhrung war die Leistung. Wessen Hande die Schlussel hielten, ob Arbeitersohn oder Bauern-tochter, ob aus dem Hause eines Gelehrten oder Generals, das war alles gleichgultig. Nur eines entschied: Er muBte vom Adel der Leistung sein, von diesem einzigen Adel, den die Jugend in der Hitler-Jugend kannte.
Einige Berichte aus der Zeit, als sich die Jugend selbst fuhrte,