"Der wird am leichtesten mit der Jugend fertig und erringt sich auch ihr tiefstes Vertrauen, der im Jungen schon den kommenden Mann und im Madchen die kommende Frau und Mutter sieht. Es gibt keine schlimmere Mifihandlung der Jugendseele, als Kinder kindischer zu nehmen, als sie sind; und es ware schon viel gewonnen, wenn sich die Erwachsenen nur einmal die Muhe machen wollten, die Jugend nicht nur in ihren Torheiten, sondern auch in ihren Tugenden zu erkennen. Es gibt ein schones Wort von der Majestat des Kindes. Unter der Majestat des Kindes wird Arbeit und Kampf der lebenden Generation erst ein tieferer Sinn gegeben. Ich hatte beim Sprechen mit dieser Jugend immer nur den einen Gedanken, wie schon es gewesen ware, wenn man uns heute Erwachsenen in unserer Jugend auch solche fruhen Gelegenheiten zur Bewahrung gegeben hatte, und wie schwer man es damals eigentlich gemacht hat dadurch, dafi man es uns so leicht machte." (Quel. Verz. Nr. 29)
Nach 1933 gab es sicherlich einige "Jugendfuhrer" in der Hitler-Jugend, die wegen des riesigen Zulaufs zur HJ notgedrungen eingesetzt wurden, obgleich sie in keiner Jugendorganisation Er-fahrungen gesammelt hatten. Unter diesen gab es vereinzelt Uber-eifrige, die nicht den kameradschaftlichen Dienst an einer Gruppe kannten, sondern zu uberheblichem Befehlshabertum neigten.11 12)
Die Jugend wurde damals von Jugend gefuhrt, unter der es, wie in allen so stark wachsenden Organisationen, einige ungeeignete gab. Das Prinzip der Selbstfuhrung war dennoch richtig und hat sich bewahrt. Grundsatzlich wurden gleich von Anfang an HJ-Fuhrer so ausgebildet und so eingesetzt, dab sie durch ihre Arbeit in den Jugendgruppen den weitaus groBten Teil der Jungen und Madel zum freiwilligen Mitmachen veranlassen konnten. Ungeeignete Fuhrer scheiterten, weil sie vor ihrer Kameradschaft, der Mannschaft nicht bestehen konnten.
Auch die Offentlichkeit hatte ein wachsames Auge auf die Tatigkeit dieser neuen Jugenderziehung gerichtet. Es gibt auch Beispiele dafur, daB die Jugend selber die von ihr abgelehnten HJ-Fuhrer unmoglich machte, und das nicht nur auf unterer Ebene. So wurde ein Oberbannfuhrer, der fur den Bereich eines Regierungs-bezirks verantwortlich war, von der Jugend selbst zum Abdanken gezwungen. Die Ursache dafur bot er selber durch sein Verhalten, das vollig jugendfremd war. Er benutzte einen Dienstwagen wie sein Privatfahrzeug. Bei Besuchen von Einheiten kam er im offenen Wagen "vorgefahren". Stehend im Auto begruBte er "seine Jungen", schlieBlich machte er Dienstfahrten im Oberbann "mit Braut, Adjutant und Hund". Die Jugend weigerte sich, Fotos von "ihm" zu verkaufen. Bei einem Besuch eines Unterbannes wurde dieser HJ-Fuhrer dann in seinem Wagen mit faulen Eiern bombardiert. Die Jugend lieB nicht nach mit Beweisen ihres Unmutes uber den charakterlich ungeeigneten Mann, bis er aus der HJ ausscheiden muBte. Aber auch dies war eine Erscheinung in der Zeit des Beginns und des Aufbaues, und sie blieb die Ausnahme.
Das Prinzip der Selbstfuhrung der Jugend war naturlich Gegenstand von Diskussionen in Kreisen von Padagogen, Offi-zieren und Wirtschaftsfuhrern. Der spatere Generalfeldmarschall Erwin Rommel hat sich 1935 positiv zu dieser Frage geauBert.13) GroBadmiral Karl Donitz hat sich in einem langen Gesprach mit Adolf Hitler kritisch zum Prinzip der Selbstfuhrung der Jugend und den moglichen Folgen ausgesprochen. Adolf Hitler hat Karl Donitz aber von der Richtigkeit dieses Jugendfuhrungsstils uberzeugen konnen. Donitz war von den Argumenten sehr beein-druckt, wie er in einer Besprechung in Marineoffizierskreisen sagte. (Bericht eines Teilnehmers)